There's no business like Show Business?
Non of your business, könnte man sagen, wenn man sich die Beiträge unserer Qualitäts-Tageszeitung "Der Standard" der letzten Tage ansieht. Man beachte hierbei vor allem Artikel, Reports und Beiträge zur am Freitag ausgelaufenen "Musical! Die Show", in der man nicht nur den Gewinner, sondern gleich auch den ORF in der Luft zerriss.
Bevor jetzt alle rufen: "Aber Sie machen doch dasselbe in Ihrem Blog!" Absolut richtig!
Doch sollte nicht die Berichterstattung einer Qualitätszeitung möglichst neutral bleiben, wohingegen die Informationsausgabe in einem Blog davon lebt, von der eigenen Meinung gefärbt zu sein?
Gut gut, aber bleiben wir beim Thema:
Zunächst einmal kurz zum Fernsehkonzept "Musical! Die Show":
10 Kandidaten treten gegeneinander an und müssen pro Freitag = pro Show ein Lied vor Publikum, Fernsehnation und Jury performen. Jede Woche wird ein/e Kandidat/in laut Konzept vom Publikum und den Fernsehzusehern "rausgevoted": Wer die wenigsten Stimmen hat, fliegt raus.
Das Ganze passiert so lange bis einer übrig bleibt. Einfaches Konzept, schönes Entertainment.
Übrig geblieben ist Vincent, ein 21jähriger (!) Österreicher (!) mit philippinischen Wurzeln, der nur so von Sympathie strotzt. Ein junger Mann mit stimmlichem und schauspielerischem Talent. So die Meinung der Jury, getragen von vielen Menschen der Nation. So vielen, dass er am Freitag das Preisgeld von 50.000 Euro bei der Show gewann.
Berichtete "Der Standard" am 12. Jänner (dem Samstag danach) noch recht neutral und - man möchte fast sagen - gönnerisch über den Sieg des jungen Mannes (APA-Meldungen sind nunmal nicht dazu da, sie abzuändern, sondern einfach dazu, sie 1:1 wiederzugeben), so konnte es Harald Fidler am Tag darauf scheinbar kaum erwarten und ließ am 13. Jänner in der Onlineausgabe und am heutigen 14. Jänner in der Printausgabe Folgendes vom Stapel: "In Haiders Käfig: Er wird ein Star, holt ihn da raus."
Ein Trauerspiel, wie es im Buche steht, wenn schon ein einfacher "Zivilist", der die Sendung wöchentlich verfolgt hat, eine Reihe von Fehlern und eine Überhäufung politischer Inkorrektheit entdeckt:
Zunächst wird der Leser richtig in passiv aggressive Stimmung gebracht - mit den einläutenden Worten Fidlers:
Kann man dem zynischen Unterton trauen, wenn er behauptet, dass der ORF nichts dem Zufall überlassen möchte?
Aber hängen wir uns doch erst auf der nun folgenden Auflistung zahlreicher "Vorteile", die Vincent gegenüber den anderen Musical-Show-Kandidat/innen hatte, auf:
des italienischen Überraschungseierriesen Ferrero. Ein klares Plus beim - für den
werbefinanzierten ORF hoffentlich auch ausreichend vorhandenen - jungen
Zuschauerinnen und Zuschauern.
Ist es möglich, dass es ein wenig weit hergeholt ist, dass auf dem richtigerweise wie eine Süßigkeit lautenden Nachnamen des Siegers herumgeritten wird, weil man annimmt, dass selbiger nur deshalb so weit gekommen ist, weil auch der ORF von Werbeeinnahmen lebt? Frei nach dem Motto: Wir lassen nur solche Kandidaten weiter, deren Name wie Kinderschokolade lautet, denn wir haben einen Vertrag mit Ferrero, der besagt, dass wir den einen Kandidaten siegen lassen müssen, damit unsere Kinderschokolade so lange wie möglich in der Freitags-Primetime des ORF genannt wird?
Und dann diese leider nicht ausreichend subtile Beurteilung des Publikums, das dem Standard scheinbar zu jung ist und von selbigem noch in die Schublade "Kinder(schokolade)" gesteckt wird. Hervorragend, hervorragend!
Abseits der Tatsache, dass man sich den eigenen Nachnamen bis zur Heirat nur selten selbst aussuchen kann, werden die Kandidat/innen während der Sendung ausschließlich bei deren Vornamen genannt. Der Nachname ist darüber hinaus für den Durchschnittszuseher unerheblich (Oder fällt jemandem ein Grund ein, wofür ich als Zuseher den Nachnamen der Kandidaten benötigen würde?).
Gut, aber wollen wir ihm eine zweite Chance geben:
tendenziell ganz gut ankommt. Vor allem, wenn man so ansprechend aussieht wie Herr
Bueno - und doch sehr adrett, was wiederum bei der auch älteren weiblichen Zielgruppe
hilft. Wiewohl die nicht ganz so bereitwillig die ORF-Mehrwertnummer wählt oder
ansmst wie die Jüngeren.
Sexistischer hätte man es nicht ausdrücken können, Gratulation! Nein, von Emanzipation ist hier keine Rede, natürlich ist das Publikum mit einem überdurschnittlichen Prozentsatz weiblicher Zuseher versehen, das streitet niemand ab. Aber könnte es nicht sein, dass er einfach Talent hat und singen kann? Nein, so weit ist nicht zu denken und vor allem hat sich das ja in der letzten Runde vor dem endgültigen Finale schon abgezeichnet, in dem Vincent gegen zwei (!) Frauen angetreten ist.
Die ORF-Mehrwertnummer mag ein Anliegen sein, ist jedoch nichts Neues, also scheint es reichlich spät sich darüber zu mokieren.
Und noch etwas: Zweimal das Wort "tendenziell" in einem Satz zu verwenden, hieß früher in der Schule noch "Wortwiederholung" und gilt als "schwerer Fehler". Das könnte in jeder Situation zwischen "Genügend" und "Nicht genügend" entscheiden!
Kontrahentin Gudrun. Das hilft möglicherweise neben seinem erfreulichen Aussehen bei
jener nicht zu unterschätzenden Zielgruppe, der auch Moderator Alfons Haider angehört.
Wir entnehmen allerdings gerade einem bunten Blatt, dass Herr Bueno seine (vom ORF
oft gezeigte) Freundin Barbara alsbald zu ehelichen gedenkt.
Man muss es ihm nachsehen, da kann man sich ja auch schnell irren, bei solch einer Vielzahl an Kandidaten. Er meinte wohl Alexander, der übrigens als Mann trotz der vorangegangenen Hypothese mit den männlichen Kandidaten und den weiblichen Zusehern schon lange vor vielen Frauen rausgewählt wurde! Die Homepage des ORF stellt uns sogar ganz freiwillig das Video zur Verfügung, in dem Vincent... äh... Alexander ob der Tatsache, dass es sich um eine Musicalshow handelt, in der man sich der Geschichte gerecht verkleidet und in eine Rolle schlüpft, mit Netzstrumpfhose und in Frauenkleidern auftritt.
Selten diskriminierend auch hier wieder die missglückte Subtilität, die in überaus disqualifizierender Weise auf den homosexuellen Anteil der Zuseher anzuspielen versucht.
Und so weiter und so fort. Ich denke, Sie wissen, worauf ich hinaus möchte...
(Und verpassen Sie auch bitte nicht das TV-Tagebuch vom 13. Jänner, das ebenfalls zu besagtem Thema verfasst wurde.)
Der Standard wird hier hoch geschätzt, aber auch eine "Qualitäts"-Zeitung hat ihre schlechten Tage...
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