Montag, 30. Juni 2008

Zwischen Medienrummel und Sommerloch?

Endlich haben wir einen Europameister - Viva Espania! Man gratuliert...

Doch was passiert eigentlich, wenn der Übergang zwischen Fiesta und Siesta quasi fließend ist?

Wir kennen es alle, das Sommerloch, das in den vermeintlich heißesten Monaten des Jahres entsteht, weil nicht nur im Parlament Sommerpause ist, sondern auch alles andere der Hitze weicht. Auf gut Deutsch: Es ist absolut gar nichts da, worüber man berichten könnte. Und so begeben sich die Medien des Landes auf die Suche nach annähernd Berichtenswertem, das trotz aller Bemühungen kaum auf Interesse stößt. Der Otto-Normal-Rezipient fragt sich zynisch: "Na, gibt's nichts zu berichten? ... Is' schon wieder Sommerloch?"

Wie gesagt: Wir kennen es alle.

Unabhängig davon, dass es immer ein wenig rätselhaft ist, wie Medien nach einem Großevent wie der Fußball Europameisterschaft die Kurve zur Normalität kratzen, ohne dabei aufzufallen, stellt sich diese Frage nun doppelt: Denn nicht nur die Normalität muss wieder erreicht werden, sondern darüber hinaus klopft auch schon das obligatorische Sommerloch an die Tür von Kronen Zeitung, Zeit im Bild & Co.

Ich möchte einen bescheidenen Versuch wagen, diese Frage zu beantworten: Ein Großevent wie das der EURO '08 ist medial während dieser Zeit natürlich inhaltlicher Favorit; und auch wenn es uns so vorkommt, als würde nur mehr davon berichtet werden, so wird es dennoch stets begleitet von diesen kleinen, unbedeutenden (Achtung: Zynismus!) Alltagsereignissen wie dem Spitzenwechsel bei der SPÖ und einer nicht enden wollenden Naturkatastrophe in China.
Beobachtet man nun das Mediengeschehen, so wird bis zur letzten Minute über unseren inhaltlichen Favoriten berichtet. Und auch danach noch. Doch "danach" wird auch weiterhin über die kleinen, unbedeutenden Alltagsereignisse berichtet. Diese jedoch nehmen beim Rezipienten einfach wieder stärkere Bedeutung an, denn "es gibt ja jetzt sonst nichts". Und so bewegt sich der Medienkonsument weg vom Großereignis hin zu den Alltagsgeschehnissen und ohne es zu merken, befindet er sich wieder inmitten der ganz gewöhnlichen Rezeption, wie er sie tagtäglich und unabhängig von Großevents betreibt.

Doch was ist denn nun, wenn ein Hoch ganz plötzlich zum Tief (alias "das Sommerloch") wird und es keine Mittelstufe gibt?

Auch hier wieder nur eine Vermutung - passen Sie gut auf, es wird kompliziert: Die überschäumende Begeisterung der Medien für ein einziges Ereignis wirkt sich ja auf ganz natürlichem Wege auch auf den Rezipienten aus. Ist das Event vorbei und die Begeisterung auf einmal zu Ende und ist dann auch noch der Weg zum Sommerloch nicht weit, so fällt das dem schlauen Rezipienten zwar auf, er wird jedoch der Ansicht sein, dass er sich das Sommerloch nur einbildet. Denn er wird denken, dass ihm diese Zurücknahme der Medien nur deshalb so drastisch vorkommt, weil dieses eine Thema (EURO '08) davor so übermäßig präsent war. Und nachdem der Rezipient zwar klug ist, aber nicht in dem Ausmaß differenziert, wird ihm auch der Sturz ins Sommerloch nicht auffallen. Er vermag also nicht den Schritt zwischen Großevent und Normalität im Vergleich zu dem Schritt zwischen Großevent und Sommerloch zu unterscheiden. Alles klar?

Und erst, wenn wieder Ruhe eingekehrt ist, wird dem Rezipienten auffallen, dass es fast zu ruhig ist, sprich das Sommerloch Einkehr gefunden hat. Und so haben die Medien wieder einmal die Kurve gekratzt, ohne etwas dafür getan zu haben.

Nachdem also keine Sorge darüber bestehen muss, ob der Übergang von Großevent zu Sommerloch fließend geschehen kann (...Denn wir wissen nun: Das kann er!...), kann auch mit Fug und Recht behauptet werden: Wir sehnen uns nach dem Sommerloch!

So nämlich berichtete auch der Standard gestern noch vor dem letzten EURO-Spiel: "Erschöpfte, vom Fußball Gezeichnete, Ruhe Suchende schätzen das nun folgende Sommerprogramm vielleicht wirklich."
Es kommt also zu einer regelrechten Umkehrreaktion, in der das sonst so verabscheute Sommerloch nahezu verlangt wird - jetzt, da die EURO so viel Rezeptionsleistung von uns abverlangt hat.

Ich schließe mich also dem Standard mit seinen Worten an:

Der Sommer kann kommen!


(Und kaum ist das der Fall, folgt per August die Übertragung der wichtigsten und auch sicher der weniger wichtigen Olympischen Disziplinen...)


Quelle:

Der Standard

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